SWP 11/2014

Artischocken-Glück vom eigenen Acker

In der Botnanger „Bo’teca di Vino“ liefert Sebastian Werning zum Genuss geniale Unterhaltung

RAIMUND WEIBLE

Feinschmecker zieht es in die „Bo’teca di Vino“ auf Botnangs Höhen. Die Gäste kommen wegen des Waldpilzstrudels, aber auch deswegen, weil Patron Sebastian Werning ein genialer Entertainer ist.

Stuttgart. Olivenöl in die Pfanne, vier Eier rein, Sahne drauf und verrühren: Es ist 9 Uhr, und Sebastian Werning macht sich sein Frühstück. Das darf von der deftigen Sorte sein. Abends geht es in der Küche der „Bo’teca di Vino“ auf Botnangs Höhen natürlich raffinierter zu.Feinschmecker zieht es in die „Bo’teca di Vino“ . Die Gäste kommen wegen des Waldpilzstrudels, aber auch deswegen, weil Patron Sebastian Werning ein genialer Entertainer ist.

Gero Schweizer und Christian Weber köcheln jede Woche ein anderes Risotto, bereiten Waldpilzstrudel auf Mangold-Petersiliencreme und Sellerieschaum zu oder weißen Heilbutt mit weißem Bohnenpüree, Staudensellerie und Chorizo. Und Werning kümmert sich mit viel Temperament um den Service. „Die Leute denken, ich sei Italiener“, erzählt der 36-Jährige, „dabei bin ich Westfale.“ Einer aus Bielefeld.

Seit 2007 ist Werning in der „Bo’ teca di Vino“ anzutreffen, erst als Küchenchef, jetzt als Inhaber und Inspirator der Küche. Das Schaufenster an der Front des Ziegelbaus verrät: In diesem Gebäude wirkte einst Bäckermeister Ruoß.

Der Mann hat das Handwerk Sterne-Köchen abgeschaut: Bei Dieter Müller ging er in die Lehre, danach bildete er sich bei Joachim Wissler, Martin Öxle und als Küchenchef bei Vincent Klink weiter.
Die Wände der „Bo’teca“ drapiert Küchenmeister Werning mit Brettchen von Weinkisten. An den Holztischen ohne Tischtuch sitzen die Gäste eng, aber das gehört zur Philosophie des Lokals. Die Gäste sollen sich ruhig näher kommen, Werning greift charmant moderierend ein, und die Kundschaft lässt sich das gefallen. Weil ihr Wernings Motto recht ist: „Man isst, um zu genießen und um sich zu unterhalten.“

Zum Menü – das kleine ist für 49, das große für 60 Euro zu haben – kredenzt Werning Weine zum Pauschalpreis, und zwar fast nur von Winzern, die er persönlich kennt. „Es macht viel mehr Spaß, etwas von Freunden zu verkaufen.“ 250 Gewächse hat er zur Auswahl. „Da bin ich maßlos.“ Das Gemüse stammt vielfach vom Pacht-Acker in Möhringen. 40 verschiedene Sorten hat Werning gezogen, von der Artischocke – „das war die Höchstleistung“ – bis zur Zwiebel. Durch das, was gerade da ist, fühlt er sich gezwungen, kreativ zu werden: „Jetzt haben wir den Salat – was machen wir damit.“ Sechs Tische, 34 Plätze und ein Chef, der zieht: Ohne Reservierung geht nichts in der „Bo’teca“.